Vor einigen Wochen durfte ich auf meinem Jaguar-Blog x308.net einen Gastbeitrag veröffentlichen, der mir im Kopf geblieben ist. In seinem gelungenen Beitrag beschreibt Dietmar aus Österreich, wie er kurzentschlossen einen roten Jaguar XJ8 Sovereign via Internet in London gekauft und gemeinsam mit seiner Frau abgeholt hat.
Ich höre immer wieder, dass insbesondere britische Youngtimer in England günstiger zu haben seien. Deswegen habe ich die Suchmaschine Auto Trader UK angeworfen, um Preise von Mercedes- und Jaguar-Limousinen der 90er Jahre zu vergleichen. Bei diesen beiden Marken habe ich ein gutes Gefühl für das Preisniveau in Deutschland, so dass ein Vergleich nicht schwer fallen sollte.
Für welche Preise sind gute Mercedes aus den 90ern in England zu haben?
Ich habe meine Suche auf Modelle fokussiert, die glaubwürdig Autos in sehr gutem Pflegezustand versprechen. Das große Angebot an Jaguar- und Mercedes-Modellen für wenige Tausend Pfund habe ich für meine Analyse „links liegen“ lassen, da die Fahrzeuge schwer vergleichbar sind.
Ein japanischer 1994er S500 L unter 70.000 km für rund 23.000 Euro
Eines der ersten guten Fahrzeuge, das mir ins Auge fällt, ist dieser S500 L der Baureihe W140. Er scheint gut und gepflegt dazustehen, auch wenn der Kühlergrill eigentlich zum Zwölfzylinder gehört. Mit umgerechnet weniger als 70.000 km Laufleistung stellt er eine Besonderheit auf dem Markt dar, wobei es sich um einen Reimport aus Japan handelt. (Hier erweist es sich als praktisch, dass japanische Kunden bei Luxusfahrzeugen oft die Wahl zwischen Links- und Rechtslenker hatten, es gibt also attraktive Modelle sowohl für den britischen als auch für den kontinentaleuropäischen Markt.)
Der Preis von 19.950 Pfund – umgerechnet sind das gegenwärtig etwa 23.000 Euro – erscheint akzeptabel, wäre aber auch nach deutschen Verhältnissen nicht überraschend niedrig für einen Reimport aus Japan. Vergleichbare Fahrzeuge werden bei uns im Preissegment um 25.000 Euro durchaus auch noch angeboten.
Ein 1990er Mercedes 300 SL-24 mit rund 100.000 km für 23.000 Euro
Das britische Angebot enthält wie in Deutschland viele Mercedes R129. Dieser 300 SL-24 macht auf den Fotos einen sehr guten Eindruck und hat mit 63.000 Meilen (ziemlich genau 100.000 km) eine attraktiv niedrige Laufleistung. Für rund 23.000 Euro sollte man solch ein Fahrzeug aber auch in Deutschland noch finden können. Auch Mercedes Nummer zwei stellt also kein Indiz für deutlich niedrige Preise in England dar.
Ein 1994er Mercedes 300 GE lang aus Japan für 32.000 Euro
Überrascht war ich, dass bei den Mercedes-Angeboten der 90er Jahre doch etliche Modelle der G-Klasse enthalten waren – gefühlt ist das Angebot hier größer als in Deutschland! Der G scheint in Großbritannien sehr populär zu sein.
Dieser Mercedes 300 GE lang mit umgerechnet 160.000 km wurde aus Japan reimportiert und wird nun für rund 32.000 Euro angeboten. Auch dieses Preisniveau scheint vergleichbar zum deutschen Markt zu sein, wo zum Beispiel aktuell ein 300 GE lang deutscher Spezifikation (kein Reimport also) mit 210.000 km für 33.000 Euro inseriert wird.
Nichtsdestotrotz ist dieser 300 GE ein interessanter, seltener Youngtimer. Hier sind noch weitere Bilder aus dem Inserat.
Das beste Angebot? Ein 1997er Mercedes S280 mit 7.000 Meilen für 22.000 Euro
Im weiteren Verlauf meiner Suche fällt mir dann doch noch ein Mercedes W140 ins Auge, der nach deutschen Maßstäben ein sehr attraktives Angebot wäre. Wenn dieses Auto als deutsche Spezifikation in meiner Nähe zum Verkauf stünde, wäre ich mutmaßlich schon unterwegs. Es handelt sich um einen Mercedes S280 (ja, es ist nur die Einstiegsmotorisierung, aber nun ja) von 1997, er stammt also aus der letzten W140-Modellpflege. Die Ausstattung ist sehr umfangreich, besonders für einen S280, und das beste: Er hat gerade mal 7.000 Meilen gelaufen, rund 11.000 km also. Das Auto kommt aus britischer Erstauslieferung, es handelt sich also auch nicht um einen der vielen Reimporte. Für 22.000 Euro ist diese Besonderheit aus meiner Sicht sehr fair angeboten. In Deutschland werden derartige Fahrzeuge (wenn es sie denn gibt) zunehmend häufig für über 30.000 Euro angeboten.
Das Inserat enthält 100 Detailfotos (!) vom Auto, die den neuwertigenZustand eindrucksvoll belegen. Beispielsweise wirken der Dachhimmel am Schiebedach oder auch der Schalter für den Fahrerseiten Fensterheber auf den Fotos noch wie nagelneu. Das hat echten Seltenheitswert für ein fast 30 Jahre altes Auto. Hier sind einige Fotos aus dem Inserat:
Wo liegen Jaguar-Limousinen aus den 90ern preislich?
Mercedes-Youngtimer werden auf dem britischen Markt also tendenziell günstig, aber nicht signifikant unter deutschen Preisen angeboten. Nun war ich gespannt, ob sich das Preisgefüge bei Jaguar-Modellen anders darstellt.
Ein 2000er Jaguar XJ8 Sport 3.2 aus erster Hand für 8.000 Euro
Mein erstes Beispiel ist ein klassischer, dunkelgrüner XJ8 3.2 aus erster Hand, von privat inseriert. Mit 100.000 Meilen entspricht die Laufleistung rund 160.000 Kilometern. Das Auto wird für knapp 7.000 GBP angeboten, was rund 8.000 Euro entspricht.
Viele der Inserate auf Auto Trader haben überraschend viele Bilder. So wirkt auch dieses Inserat mit 40 Fotos umfassend beschrieben. Das Auto scheint den Fotos nach (gemessen an der Laufleistung) sehr ordentlich dazustehen, mir sind keine wesentlichen Mängel wie Kratzer, Dellen oder dergleichen ins Auge gefallen. Ich würde solch ein Fahrzeug in Deutschland (als deutsche Ausführung) im Preisbereich um 12.000 Euro sehen, also durchaus gute 30 bis 40 Prozent höher.
Ein Jaguar XJ8 Sovereign mit 50.000 km für unter 13.000 Euro
Dieses Modell ist aktuell der teuerste Jaguar X308 auf Auto Trader UK! Die Tatsache, dass selbst er unter 13.000 Euro liegt, sagt etwas über das (niedrige) Preisniveau dieses Modells in England. Es handelt sich um einen Jaguar XJ8 Sovereign 4.0 mit lediglich 50.000 km Laufleistung, der allerdings aus Japan reimportiert wurde.
Auch wenn es sich um einen japanischen Reimport handelt, werden solche Modelle in Deutschland höherpreisiger angeboten. Einen (japanischen) Linkslenker vorausgesetzt, würde ich bei diesem Modell mit der Laufleistung und als 2002er Jahrgang zumindest von 17.000 bis 20.000 Euro ausgehen. Auch hier könnten also die 30 bis 40 Prozent Preisunterschied grob passen.
Hier sind ein paar weitere Eindrücke aus dem Inserat. Es scheint sich um ein gepflegtes Fahrzeug zu handeln. Lediglich das Nachrüst-Radio und der Nachrüst-Leaper (beides mit dem japanischen Ursprung zu erklären) wären nicht mein Fall.
Ein guter 1995er Jaguar XJR für unter 13.000 Euro
Schauen wir mal in das Segment der Jaguar X300-Modelle. Hier fällt mir ein Jaguar XJR in Sapphire Blue besonders ins Auge. Ich mag diese Generation des XJR mit seinem Sechszylinder-Kompressormotor sehr. Dieses Modell hat rund 160.000 km gelaufen und scheint eine gute Wartungshistorie zu haben. Zumindest enthält das Inserat einige umfangreiche Rechnungen, inkl. einer Überholung des Kompressors im Jahr 2023. Angeboten wird dieses Fahrzeug von einem Händler hochpreisiger Sportwagen mit dem schönen Namen „Targa Florio Cars“ für unter 13.000 Euro. Auch hier ließe sich argumentieren, dass dieses Fahrzeug in deutscher Spezifikation bei uns sicher 30% höher liegen dürfte – 17.000 Euro würden mir als Angebotspreis realistisch erscheinen.
Und auch hier deuten die vielen Fotos im Inserat darauf hin, dass es sich um ein sehr gepflegtes Fahrzeug handeln könnte. Lack, Leder, Schalter, Felgen – nirgendwo sind größere Gebrauchsspuren erkennbar. Nach dem S280 ist dieser XJR das zweite Auto aus diesem Beitrag, das ich also deutsches Angebot in meiner Region sofort in Erwägung ziehen würde 🙂
Das Fazit fällt recht eindeutig aus
Nach zwei bis drei Stunden Recherche auf Auto Trader UK komme ich zu einem recht klaren Bild: Jaguar-Modelle werden in Großbritannien tatsächlich rund 30 bis 40 Prozent günstiger angeboten als in Deutschland. Das gilt aber nicht grundsätzlich für Luxuslimousinen der 90er Jahre. Die Preise für Mercedes aus dieser Zeit entsprechen mehr oder wenig dem deutschen Markt.
Der Vollständigkeit halber noch ein steuerlicher Hinweis: Ein günstiger Preis für einen Youngtimer in Großbritannien stellt aus deutscher Sicht noch nicht zwingend einen lohnenden Kauf dar. Wer einen Gebrauchtwagen aus Großbritannien importiert, muss an Zoll und Einfuhrumsatzsteuer denken, ähnlich wie in den USA, denn leider gehört GB bekanntermaßen nicht mehr zur EU.
Wie seht Ihr das, käme für Euch ein Youngtimer-Kauf in Großbritannien in Betracht? Ich bin wie immer gespannt über Eure Kommentare unter diesem Beitrag!